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Der Rausch des Fanatischen oder die Erprobung von Identität in Luigi Pirandellos Il fu Mattia Pascal

Der Aufsatz thematisiert die Erprobung von Identität bei Pirandello in ihrer Dynamik des Fanatischen. Im Roman Il fu Mattia Pascal ist der gleichnamige Protagonist getrieben von der Instabilität seiner eigenen Identität. Zwischen Gleichgültigkeit und leidenschaftlicher Besessenheit befindet er sich auf der Suche nach der Einheit seines Wesens und damit in einer ständigen Auseinandersetzung zwischen inneren und äußeren Bedingungskräften. Nicht nur Mattias selbstbestimmte Ermächtigung zur eigenen Identitätsstiftung, sondern vor allem auch die aus der Fragestellung nach sozialem und individuellem Sein resultierenden, externen Dynamiken begründen einen selbstläuferischen Rausch seines Handelns. Die Analyse der funktionellen Bedingungen und textuellen Muster dieser wiederkehrenden Dynamiken zeigt zum einen die zerstörerische Gewalt des Fanatischen und offenbart zum anderen, einen für das Ich bei seiner Suche nach Stabilität, produktiven Charakter. Die Begrenzung und Entgrenzung des Ichs im Strudel sozialer wie persönlicher Zwänge, mit denen das Individuum bei der Bestimmung und Findung von Identität konfrontiert ist, wird weniger negativ als Ergebnis postuliert, sondern positiv als ein prozessualer Erfahrungsmoment von Dynamiken analytisch nachvollzogen. 

M'assaliva [...] l'idea di quella mia libertà sconfinata, unica, e provavo una felicità improvvisa, così forte, che quasi mi ci smarrivo in un beato stupore; me la sentivo entrar nel petto con un respiro lunghissimo e largo, che mi sollevava tutto lo spirito. Solo! solo! solo! padrone di me! senza dover dar conto di nulla a nessuno! Ecco, potevo andare dove mi piaceva: a Venezia? a Venezia! a Firenze? a Firenze!; e quella mia felicità mi seguiva dovunque. Ah, ricordo un tramonto, a Torino, nei primi mesi di quella mia nuova vita, sul Lungo Po, presso al ponte che ritiene per una pescaja l'impeto delle acque che vi fremono irose: l'aria era d'una trasparenza meravigliosa; tutte le cose in ombra parevano smaltate in quella limpidezza; e io, guardando, mi sentii così ebro della mia libertà, che temetti quasi d'impazzire, di non potervi resistere a lungo. (Pirandello 1993, 99)

"Solo! solo! solo! padrone di me!" (ivi). Dieser Ausruf beschreibt die für Mattia Pascal einschneidende Erfahrung individueller Selbstbestimmung und damit einen dramaturgischen Höhepunkt der im Roman Il fu Mattia Pascal von Luigi Pirandello erzählten Identitätssuche. Staunend, beinahe ungläubig realisiert Mattia, frei und ungebunden zu sein, was ihn in tiefgründiger Weise mit euphorischer Freude erfüllt.[1] Sein Glücksempfinden steigert sich zu einem Rausch, dessen mitreißender Sogwirkung er sich nur schwer entziehen kann.[2] Die Stärke der auf ihn wirkenden Gefühlsgewalt erfasst er in der charakterisierenden Umschreibung eines selbstläuferischen Fanatismus: "mi sentii così ebro della mia libertà, che temetti quasi d'impazzire" (ibid., 99).[3]

Mattia Pascal ist ein Getriebener der Instabilität eigener Identität. Angesichts einer unaufhörlichen Reihe an sein Selbstverständnis maßgeblich bedingenden Widrigkeiten – der frühe Tod des Vaters, der Verlust des familiären Erbes durch die Gier des Verwalters Batta Malagna, ein unerfülltes Liebes- und Eheglück und der frühe Tod seiner Töchter – erscheint Mattia nur die Flucht als stabilisierender Ausweg. Doch anstatt, wie zunächst geplant, in der Ferne Amerikas als Unbekannter ein neues Leben zu beginnen, endet sein überstürzter Aufbruch in Monte Carlo. Unverhofft gewinnt er im Casino ein kleines Vermögen, begibt sich auf die Rückreise und erfährt durch Zufall aus der Tageszeitung, dass ein Selbstmörder in seinem Heimatdorf als Mattia Pascal identifiziert wurde. Den Umstand für tot erklärt worden zu sein, nimmt er als glückliche Fügung an, endlich mit seinem alten Leben abzuschließen und unter dem Namen Adriano Meis ein vollkommen neues, das heißt freies und vor allem von jeglichen Widrigkeiten befreites Leben zu beginnen.

Getragen vom eingangs genannten Rausch seiner Gefühle glaubt er nun endlich Stabilität und Ruhe zu finden. Stattdessen deutet jedoch der übertriebene Freudentaumel an, dass er nun umso stärker durch seine (Eigen)Dynamiken erfasst wird. In zyklischer Wiederkehr bemächtigen Bewegungen der Heiterkeit, aber auch der Verzweiflung Mattia und erschüttern nachweislich seine fortdauernde Suche nach der Einheit und Beständigkeit seines Wesens.

Die Dynamiken des Fanatischen – ihre semantische Inszenierung und formale Funktionsweise im Roman Il fu Mattia Pascal – stehen im Mittelpunkt der vorliegenden Textanalyse zur Erprobung von Identität. Die Krise des Subjekts gilt als einschlägiges Paradigma der modernen Identitätsfindung,[4] die eindrücklich von Pirandello thematisiert wird.[5] Zwischen Selbstbestimmung und Bestimmt-Werden unterliegt der Protagonist Mattia, angesichts wiederkehrender Fragestellungen des eigenen und sozialen Seins, einem wechselwirkenden Sog innerer und äußerer Bedingungskräfte.

Die Forschung hat ihren Erklärungsfokus bisher auf das Ergebnis dieses krisenhaften Findungsprozesses gelegt und vor dem Hintergrund des Identitätsverständnisses Pirandellos die "Desintegration des Ich" (Behrens 1993, 335) in der Bedeutung multipler Selbsterfahrung erörtert.[6]

Der vorliegende Aufsatz löst sich von dieser Ergebnisorientierung und rückt den der Identitätssuche zugrundeliegenden Prozess, das heißt die Handlungsdynamiken sowie die soghaften Beschleunigungen der Gefühle des Ichsstärker in den Vordergrund. Der Rausch des Fanatischen wird als grundlegender Teil der im Roman Il fu Mattia Pascal thematisierten Identitätsstiftung aufgearbeitet.

Unter Berücksichtigung der ursächlichen Wirkungskräfte des äußeren Bezugssystems von Freunden und Familie gelingt es, ein allgemeines Erklärungsmodell der rauschhaften Dynamiken zu skizzieren: Als Erfahrungskonzept ist der Fanatismus als Ausbruch Mattias in ein Handlungsextrem zu identifizieren, mit dem er in einem wiederkehrenden, sich steigernden Rhythmus auf ebenso extreme, äußere Orientierungseinflüsse reagiert.

Diese erste formale Beschreibung fanatischer Dynamiken im Rahmen der Selbstfindung wird in einem zweiten, weiterführenden Schritt durch die inhaltliche Analyse der Bedeutungssemantiken der hyperbolischen Verhaltensausbrüche Mattias ergänzt. Im Kontext seines ausgeprägten Selbstbezugs werden die Spuren des Fanatischen in der für ihn zerreißenden Wirkungsintensität der Selbstermunterung und Selbstzerstörung nachvollzogen. Auf diese Weise ergibt sich ein ganzheitliches Bild, das den Fanatismus bei Pirandello in seiner identitätsstiftenden Wirkung auf das Ich im Spannungsfeld von Selbst- und Außenbezug zeigt.

1. Hyperbeln der Selbstfindung oder die zyklische Immanenz des Fanatischen

Ero solo ormai, e più solo di com'ero non avrei potuto essere su la terra, sciolto nel presente d'ogni legame e d'ogni obbligo, libero, nuovo e assolutamente padrone di me, senza più il fardello del mio passato, e con l'avvenire dinanzi, che avrei potuto foggiarmi a piacer mio.

Ah, un pajo d'ali! Come mi sentivo leggero! (Pirandello 1993, 88)

Die euphorische Glückseligkeit, welche Mattia angesichts der Neustiftung seiner Identität empfindet, bildet nicht den ersten rauschhaften Erfahrungsmoment seiner Selbstfindung. Die gegenwärtige, gesteigert positive Wahrnehmung eigener Existenz resultiert aus einer umgekehrt negativen Eindrücklichkeit vorangegangener, schicksalhafter Ereignisse. So verweist Mattia abgrenzend auf die Bedingtheit der nun empfundenen Leichtigkeit durch die erfahrenen Belastungen.[7] Die Intensität seines Glücksempfindens projiziert spiegelbildlich die Ausprägung seiner negativen Erregungen. Die aufeinanderfolgenden, exzessiven Gefühle deuten entwicklungsnarratologisch das Fanatische als einen durchgängigen individuellen Erfahrungsmoment an. Die dabei auftretenden Muster einer zyklischen Wiederkehr und deren Problematik als prägende Ausgangslage der Selbstfindung Mattias sind nachfolgend in ihrem Bedingungsgefüge zu rekonstruieren.

Die zentralen Einflussfaktoren individuellen Seins – die Familie, sowie die allgemein sozial anerkannten Institutionen der Ehe, der Freundschaft oder des Berufsstandes – bilden den, wenn auch unbewussten, Bezugsrahmen der Handlung Mattias.[8]

In anschaulicher Weise gibt sich dieser Bezug zunächst im Einfluss der elterlichen Charaktere zu erkennen. So profitiert Mattia von der ausgeprägten, wirtschaftlichen Zielstrebigkeit seines Vaters, der mit Beharrlichkeit sein Vermögen ausschließlich in einen, schließlich umfangreichen Haus- und Grundbesitz steckt.[9] In gleicher Weise prägt ihn aber auch die ausgesprochene Naivität und Willenslosigkeit seiner Mutter, welche die Familie durch ihren hilflosen, konsequent vernachlässigenden Umgang mit dem immensen Besitz unweigerlich in den Ruin treibt.[10]

Die Handlungsextreme, sowohl des Vaters als auch der Mutter, bilden konträre Orientierungsachsen, zwischen denen sich das Handeln Mattias einordnen lässt. Er wählt nicht einen, die Extreme seiner Eltern ausgleichenden Mittelweg, sondern verschreibt sich vielmehr in einer, ihrer Handlungsweise vergleichbaren, ausschließlichen und maßlosen Weise dem Nichtstun. Während die durch den Vater geschaffene finanzielle Sicherheit die Voraussetzung für einen bedingungslosen Müßiggang schafft, bestätigt und fördert die Fürsorge der Mutter diese Antriebslosigkeit.[11] So nähert sich Mattia einerseits indirekt der Verhaltensintention seines Vaters, welcher durch die Erträge seines Besitzes begünstigt ein sorgloses Leben ohne Verpflichtungen führen wollte.[12] Andererseits übernimmt Mattia die verantwortungslose Gleichgültigkeit seiner Mutter. Selbst als Erwachsener nutzt er nicht die Möglichkeit eines aktiven Eingreifens zur Sicherung des noch verbliebenen Familienbesitzes, sondern setzt, trotz des Wissens um das offensichtliche Schwinden des Vermögens, ungerührt seinen verschwenderischen Lebensstil fort.

Die elterlichen Verhaltensweisen beschreiben vergleichsweise asymptotische Achsen. Würde die mathematische Definition einer Hyperbel zugrunde gelegt, so würde im Zwischenraum dieser Achsen die Lebensart Mattias eine entsprechende Kurve bilden.[13] Ähnlich der Eigenschaften der Funktionskurve erweist sich der Verlauf seines Verhaltens als rasant beschleunigt, unumgänglich und dabei stetig und bruchlos. Der Vergleich zu den Eigenschaften der mathematischen Funktionskurve unterstreicht entgegen einem rein metaphorischen Verweis auf die Handlungsweise als Übertreibung, zum einen die kennzeichnende, unausweichliche Dynamik und Bewegungsintensität des Verhaltensextrems Mattias und zum anderen dessen Bedingtheit durch äußere Einflussfaktoren.

 

Abb. 1. Hyperbel f(x)= 1/x

 

Die unausweichliche Annäherung an die elterlichen Handlungsextreme im Zuge einer ähnlich einseitigen Maßlosigkeit ist dabei ein, wie zu betonen ist, für Mattia unbewusster und instinktiver Prozess, deren Bedeutungsschwere er erst rückblickend reflektiert.[14] So hält er in zeitlicher Distanz selbstkritisch über sich und seinen Bruder fest:

Quando Berto e io fummo cresciuti, gran parte degli averi nostri, è vero, era andata in fumo; ma avremmo potuto almeno dalle grinfie di quel ladro il resto che, se non più agiatamente, ci avrebbe certo permesso di vivre senza bisogni. Fummo due scioperati; non ci volemmo dar pensiero di nulla, seguitando, da grandi, a vivere come nostra madre, da piccoli, ci aveva abituati. (ibid., 13s.).

Die verschwenderische und bedenkenlose Lebensweise Mattias ist nicht nur durch das ihm gegebene Vorbild der Eltern beeinflusst,[15] sondern diese scheint vor allem auch durch die, wenn auch nur zeitweilige, Leichtigkeit und Unkompliziertheit ihrer Umsetzbarkeit noch forciert. Wäre der Ausgleich der elterlichen Extreme durch eine Änderung des persönlichen Lebensstils sowie durch eine direkte Konfrontation mit dem Verwalter durchaus eine aussichtsreiche Option,[16] so wäre diese jedoch auch mit persönlichen Anstrengungen verbunden. Mattia zieht den zu erwartenden Unbequemlichkeiten den vergleichsweise mühelosen Ausbruch ins Extreme vor: "non ci volemmo dar pensiero di nulla" (ibid., 14). Das Extrem wird im vorliegenden Satz durch das superlative Pronomen nulla unterstrichen und der dahinterstehende Wille Mattias durch das Verb volere betont. Der nachfolgende durch das Gerundium seguitando angebundene Nebensatz markiert dabei die Anleitung durch das von der Mutter vorgelebte Verhalten.

Die Überzeugung einer konsequent zu verfolgenden Unbekümmertheit treibt Mattia angesichts der langfristig gegenläufigen Intentionen des Verwalters an den Rand seiner Existenzgrundlage: "[Q]uell'agiatezza, quella libertà fino al capriccio [...] serviva a nascondere l'abisso che poi, morta mia madre, ingojò me solo" (ibid., 19). Die Anziehungskraft, welche ihn im Glauben an eine unbedenkliche materielle Freiheit antreibt,[17] trifft ihn schließlich in ihrer ganzen Gewalt. Während sein Bruder rechtzeitig seine Existenz durch eine Heirat zu sichern weiß, bleibt Mattia an die Schulden des familiären Guts gebunden.

Die finanziell schwierige Lage erweist sich als Ausgangspunkt weiterer, durch Maßlosigkeit geprägter, Verwicklungen Mattias im Bereich anderer, für die Prägung seines Wesens wichtiger Handlungsbezüge.

Einen Orientierungsmaßstab, ähnlich dem Extrem der Eltern, bilden dabei die Verhaltensweisen der beiden Frauen Oliva Salvoni und Romilda Pescatore, zu denen Mattia jeweils eine Liebesbeziehung aufzubauen versucht. Das Beschreibungsmodell der Hyperbel deutet sich in einer musterhaften Wiederkehr an. Die Verhaltensweisen der beiden Frauen beschreiben vergleichsweise asymptotische Achsen, an denen Mattia erneut in eine extreme Handlungsdynamik ausbricht.

Angetrieben von der Hoffnung, ein materiell abgesichertes Leben als Ehefrau zu führen, handeln sowohl Oliva als auch Romilda konsequent entgegen ihrer Prinzipien. Oliva, die von Mattia für ihre Tugendhaftigkeit geschätzt wird, entgegnet seine Annäherung mit einer disziplinierten Abwehrhaltung[18] und heiratet schließlich wider all ihrer Anständigkeit und Überzeugung den Verwalter Batta Malagna.[19] Mattia sieht sich nicht nur bezüglich seiner Leidenschaft, sondern vor allem in seiner Überzeugung der Unbescholtenheit Olivas ernüchtert. In ähnlicher Weise wird er von Romilda hintergangen, die sich trotz ihrer aufrichtigen Gefühle für Mattia ebenfalls auf das Werben Batta Malagnas einlässt. Aus der Summe dieser Umstände resultiert eine affektgeladene Handlungsverstrickung Mattias. Er befindet sich schließlich in der misslichen Lage, von beiden Frauen ein Kind zu erwarten, obwohl diese ihm jeweils eine Beziehung zu Batta Malagna vorziehen.

Anstatt sich erfolgreich zur Wehr zu setzen und den ihn herausfordernden Handlungsextremen der Frauen standzuhalten, fügt er sich und lässt sie gewähren. Wiederum weicht er in ein übertriebenes Verhalten aus und umgeht die Klärung der Verhältnisse zu seinen Gunsten: "In conclusione, si vede che – capitato in mezzo a così brava gente – tutto il male lo avevo fatto io. E dovevo dunque scontarlo. / Mi ricusai dapprima, sdegnosamente. Poi [...] cedetti e sposai" (Pirandello ibid., 37). Gegen seinen Willen akzeptiert er eine durch Batta Malagna erzwungene Ehe mit Romilda,[20] wonach sein Alltag, angesichts der unerfüllten Hoffnungen Romildas, durch fortwährende Beleidigungen und Anschuldigungen geprägt ist.

Die Problematik und die Spannungen der Liebesbeziehungen Mattias werden darüber hinaus durch die Verwicklung seines Freundes Gerolamo Pomino II., kurz Mino, ergänzt und verstärkt. In der Orientierung an dessen ausgeprägter Naivität steigert Mattia sein eigenes Verhalten zu einer diesbezüglich bewussten Provokation. So benutzt er den vermeintlichen Freundschaftsdienst, stellvertretend für Mino die Gefühle Romildas zu gewinnen, für seine eigenen Pläne. Er weiß um die grundsätzliche Neigung Malagnas für Romilda und sieht in der Unterstützung der Absichten Minos die Möglichkeit, diese erfolgreich zu durchkreuzen: "[L]a mia foga proveniva anche dal desiderio di sfondare la trista ragna ordita da quel laido vecchio, e farlo restare con un palmo di narso" (ibid., 31s.). Anstatt das Verhalten Malagnas zu kritisieren, offen zu thematisieren und sich so davon zu distanzieren, wählt er ein vielmehr diesem ähnliches Vorgehen der Hinterlist. Die willentliche Intrige, deren Umsetzung Mattia mit beinahe teuflischer Begeisterung nachgeht,[21] entwickelt sich zu einer für ihn schließlich unüberschaubaren Angelegenheit. Der Plan, Malagna auszustechen, entgleitet ihm, als er sich in Romilda verliebt und wendet sich gegen ihn.

In der Konfrontation mit Batta Malagna und Mino entwickelt sich wiederum eine mit der mathematischen Hyperbel vergleichbare Orientierung Mattias ins Extreme.

In der Dichte der zunehmenden Handlungsverwicklungen steigert sich der Fanatismus. Die zunächst eher unauffällige und unbewusste Immanenz des Fanatischen offenbart sich schließlich angesichts der Unausweichlichkeit der Konsequenzen in einem für Mattia aktiven Erfahrungsmoment.

Intanto le angustie crescevano; e io non trovavo da porvi riparo. [...] – Così, sempre, fino alla morte, senz'alcun mutamento, mai ... (Ibid., 41)

L'immobilità della condizione di quella mia esistenza mi suggeriva allora pensieri sùbiti, strani, quasi lampi di follia. (Ibid., 52)

Dem wiederkehrenden und sich zyklisch steigernden Rausch des Fanatischen steht eine situative Unbeweglichkeit gegenüber.[22] Mattia wird die gesamte Tragweite seiner vorausgegangenen Bewegungen bewusst. Doch anstatt der extremen Erfahrung seiner ausweglosen Situation nun eine realistische Auseinandersetzung folgen zu lassen, wählt Mattia wiederum den für ihn vermeintlich einfacheren Weg und entflieht seiner Existenz.

Der dynamische Handlungsfanatismus erweist sich als ein wiederkehrendes und für die Prägung der Identität Mattias nachweislich bedingendes Moment. Unweigerlich nähert sich Mattia dem Verhaltensextrem seiner Bezugspersonen an und verliert sich dabei selbst in einer Maßlosigkeit seiner Handlungsbewegungen. Jedoch wird nicht sein Umfeld, sondern er allein in letzter Konsequenz zur Verantwortung für seinen Fanatismus gezogen. Der Rausch verläuft in der Orientierung an äußeren Einflüssen und wird durch diese beschleunigt und angeregt. Ähnlich der Verlaufskurve der Hyperbel, die sich ihren Asymptoten nur annähert, sie jedoch niemals schneidet, ist die Tendenz des Hyperbolischen trotz allem unabhängig und die Eigenschaft eines selbstbestimmten, individuellen Handelns. Dieser Selbstbezug muss allerdings erst, wie nachfolgend gezeigt wird, erkannt und erfahren werden.

Der Neustiftung der Identität Mattias liegt aufgrund seines fluchtartigen Ausbrechens aus seiner bisherigen Existenz eine ausgeprägte hyperbolische Neigung zugrunde, deren Wirkungsspuren zwischen Selbstermunterung und Selbstzerstörung nachzuzeichnen sind.

2. Spuren der Besessenheit zwischen Selbstermunterung und Selbstzerstörung

Intanto l'anima mi tumultuava nella gioja di quella nuova libertà. Non avevo mai veduto così uomini e cose; l'aria tra essi e me s'era d'un tratto quasi snebiata; e mi si presentavan facili e lievi le nuove relazioni che dovevano stabilirsi tra noi, poiché ben poco ormai io avrei avuto bisogno di chieder loro per il mio intimo compiacimento. Oh levità deliziosa dell'anima; serena, ineffabile ebbrezza! (Pirandello 1993, 92s.)

Der Ausbruch aus der Enge und der Bedrängnis des familiären Bezugsrahmens ist für Mattia ein Befreiungsschlag, der ihn mit überschwänglicher Freude erfüllt. In dem Ausruf am Ende der zitierten Textstelle benennt Mattia in einer ungewöhnlichen, formalen und semantischen Direktheit seine rauschhafte Euphorie. Diese leitet nicht nur eine für ihn neuartige Situation, die selbstbestimmte Stiftung seiner Identität, positiv ein, sondern treibt diese nachfolgend auch prägend voran. Die empfundene Leichtigkeit und Unbeschwertheit beflügelt und forciert seine Handlungsoffensive – einen bewusst erlebten und gelebten Neubeginn. So nutzt er seine Energie, um unter der Zielsetzung "tutto per la costruzione del mio nuovo io" (ibid., 92) seine noch unbestimmte Identität, das heißt den Namen Adriano Meis, mit Inhalten zu füllen und ihr nach außen hin glaubhafte Strukturen und Konturen zu verleihen.

Unanfechtbar sieht er dabei die Wahrung seiner Freiheit als oberste Priorität: "Stava a me: potevo e dovevo esser l'artefice del mio nuovo destino [...]. / 'E innanzi tutto,' dicevo a me stesso, 'avrò cura di questa mia libertà: me la condurrò a spasso per vie piane e sempre nuove, né le farò mai portare alcuna veste gravosa[']" (ibid., 88s.) Die Selbstbestimmung ist durch einen ausgeprägten Selbstbezug angeleitet. Mattia ist überzeugt, dass das Gelingen des Unternehmens, eine neue Identität anzunehmen, ganz in seiner persönlichen Einflussnahme liegt: "Stava a me" (ibid., 88). Die Kürze und Prägnanz des Satzes erfasst die Nachdrücklichkeit der Ich-Zentrierung sowie die aktive Überzeugung Mattias, sein persönliches Glück nun auch Realität werden zu lassen. Der durch Anführungszeichen gekennzeichnete Monolog einer entsprechend auf sich selbst bezogenen Aufforderung steht in beispielhafter Weise für das, dem euphorischen Taumeln folgende, Kreisen Mattias um die eigene Person.

Das Extrem dieser Bewegung zeigt sich in einer stetig wiederkehrenden Handlungsermunterung, mit der Mattia den zwangsläufigen Hemmnissen seines selbstbezogenen Vorhabens entgegenzutreten versucht. Trotz eines aktiven Optimismus und entsprechender Handlungsbereitschaft gelingt es ihm nicht, seine fiktiven Vorstellungen zur Lebensgeschichte des Adriano Meis durch reale Bezüge zu fundieren oder zu festigen.

Di quante cose sostanziali, minutissime, inimmaginabili ha bisogno la nostra invenzione per ridiventare quella stessa realtà da cui fu tratta, di quante fila che la riallaccione nel complicatissimo intrico della vita [...]. Or che cos'ero io, se non un uomo inventato? Una invenzione ambulante che voleva e, del resto, doveva forzatamente stare per sé, pur calata nella realtà. (Ibid., 98)

Die aufgrund fehlender äußerer Bindungen ausbleibende Stabilisierung seiner erfundenen Identität verursacht jedoch nur kurzzeitig ein resignatives Innehalten. Durch eine bewusste Selbstermunterung unterbricht Mattia seine pessimistische Einsicht und wertet seine eigentlich aussichtslose Situation als eine selbstverständlich anzunehmende Tatsache auf. Mit einer auffallenden, geistigen Klarheit analysiert er seinen Zustand, was ihn bestärkt, an seinem Vorhaben festzuhalten. So bezeichnet er sich selbst als erfundener Mensch, "un uomo inventato" (ivi), gleichzeitig stellt er jedoch die Eigenschaft der Erfindung als Zweckmäßigkeit heraus,[23] der er um den Willen seiner Freiheit unweigerlich nachgehen muss.[24] So findet er auch eine Rechtfertigung für sein Handeln, als er sich gezwungen sieht, einen festen Wohnort zu wählen.

M'ero spassato abbastanza, correndo di qua e di là: Adriano Meis aveva avuto in quell'anno la sua giovinezza spensierata; ora bisognoava che diventasse uomo, si raccogliesse in sé, si formasse un abito di vita quieto e modesta. Oh, gli sarebbe stato facile, libero com'era e senz'obblighi di sorta! (Ibid., 104)

Obwohl die Entscheidung für einen Wohnsitz seine Unabhängigkeit und Ungebundenheit einschränkt, wertet Mattia im Rahmen seiner fiktiven Vorstellung auch dies für den Lebenslauf Adrianos entsprechend auf. Die einzugehenden Verpflichtungen überspielt er durch den beschwörenden Ausruf einer weiterhin vorherrschenden Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Die Wiederholung der im narrativen Prozess auf die eigene Freiheit verweisenden Vokabeln,[25] sowie die stetige Wiederkehr vergleichbarer, motivierender Exklamationen, zeichnet anschaulich jenen fanatischen Rausch stetiger Selbstermunterung Mattias nach.

Gerade angesichts der in einem Mietverhältnis mit mehreren Parteien eingegangenen Bindung stößt Mattia unter seinem falschen Namen und seiner erfundenen Identität in einem sich zunehmend beschleunigenden Rhythmus auf die Notwendigkeit, sich selbst in seinem Vorgehen zu rechtfertigen und von Neuem anzutreiben.

Man mano che la familiarità cresceva per la considerazione e la benevolenza che mi dimostrava il padron di casa, cresceva anche per me la difficoltà del trattare, il segreto impaccio che già avevo provato e che spesso ora diventava acuto come un rimorso, nel vedermi lì, intruso in quella famiglia, con un nome falso, coi lineamenti alterati, con una esistenza fittizia e quasi inconsistente. E mi proponevo di trarmi in disparte quanto più mi fosse possibile, ricordando di continuo a me stesso che non dovevo accostarmi troppo alla vita altrui, che dovevo sfuggire ogni intimità e contentarmi di vivere così fuor fuori.

– Libero! – dicevo ancora; ma già cominciavo a penetrare il senso e a misurare i confini di questa mia libertà. (Ibid., 129s.)

Der bestimmte Ausruf, frei zu sein, verhallt angesichts einer zunehmenden Gewissheit, sich mit seinem Vorgehen von seiner Vorstellung der Selbstbestimmung zu entfernen.[26] Mattia erkennt, dass er nicht ungezwungen, sondern nur noch wohlüberlegt und bedacht handeln kann. Das zuvor noch zur Forcierung seiner Motivation angeführte Hilfsverb dovere markiert nun eine einschränkende Handlungsverpflichtung.

Die Selbstermunterung verkommt zu einem verstärkt verzweifelten und traurigen Impuls Mattias, angesichts der Perspektive einer begrenzten und aussichtslosen Möglichkeit zu agieren. Er sieht schließlich keinen anderen Ausweg, als aus der erneut erfahrenen Enge und Bedrängung durch eine bewusste Offensive auszubrechen. Das fanatische Rauschen der Selbstermunterung kehrt sich in eine radikale Dynamik der Selbstzerstörung um.

Sie nimmt ihren Ausgang in der Entscheidung Mattias sich der Außenwelt durch bewusstes Lügen zu öffnen und anzunähern: "mentendo, inventando: non c'era via di mezzo! La colpa non era degli altri, era mia; adesso l'avrei aggravata, è vero, con la menzogna" (ibid., 136). Mattia weiß um die Gratwanderung und die destruktive Kraft, Anderen seine erfundene Realität als Wahrheit zu verkaufen. So sieht er sich schließlich umso stärker von der Unmöglichkeit herausgefordert, seine Erfindung mit der Realität zu vereinbaren, als er sich in die Tochter seines Vermieters verliebt und diese seine Gefühle aufrichtig erwidert. Sein euphorisches Lachen freiheitlicher Selbstbestimmung kehrt sich gegen ihn und wandelt sich in eine bittere Ironie selbstzerstörerischer Wut angesichts der Aussichtslosigkeit, diese Zuneigung auch auszuleben.

Uscii di casa, come un matto. [...] Mi guardai attorno; poi gli occhi mi s'affisarono su l'ombra del mio corpo, e rimasi un tratto a contemplarla; infine alzai un piede rabbiosamente su essa. Ma io no, io non potevo calpestarla, l'ombra mia.

Chi era più ombra di noi due? io o lei?

Due ombre!

[...] L'ombra d'un morto: ecco la mia vita... (Pirandello 1993, 207)

Die anschauliche Erkenntnis, nur der Schatten seiner selbst zu sein, ist das Ergebnis eines rastlosen Umher-Rasens. In der Kürze der aneinandergereihten Sätze und ihrer stenographisch aufzählenden Syntax spiegeln sich die hastigen Bewegungen Mattias, die ihn physisch wie kognitiv in Beschlag nehmen. Mattia stürzt sich in das aussichtslose Unternehmen, seinen Schatten zu jagen. Dieser fanatische Trieb findet begleitenden Ausdruck in der übertriebenen Affektivität eines bösartigen Lachens.

Scoppiai a ridere d'un maligno riso; il cagnolino scappò via, spaventato; il carrettiere si voltò a guardarmi. Allora mi mossi; e l'ombra, meco, dinanzi. Affrettai il passo per cacciarla sotto altri carri, sotto i piedi de' viandanti, voluttuosamente. Una smania mala mi aveva preso, quasi adunghiandomi il ventre; alla fine, non potei più vedermi davanti quella mia ombra; avrei voluto scuotermela dai piedi. Mi voltai; ma ecco; la avevo dietro, ora. (Ibid., 207s.)

Die wutentbrannte Entschlossenheit, sich auf gewaltsame Art seines eigenen Schattens zu entledigen,[27] veranschaulicht im übertragenen Sinne das sich zunehmend kristallisierende Bewusstsein Mattias, seine Freiheit nur durch die konsequente Auflösung seiner erfundenen Identität wiedererlangen zu können. Die erfolglose Jagd nach dem eigenen Schatten ist ein retardierender Erfahrungsmoment des destruktiven fanatischen Rauschens, das seinen Höhepunkt erst findet, als er Adriano Meis von der Ponte Margherita in Rom in den Tod stürzen lässt.

Un sussulto di gioja, anzi un impeto di pazzia m'investì, mi sollevò. Ma sì! ma sì! Io non dovevo uccider me, un morto, io dovevo uccidere quella folle, assurda finzione che m'aveva torturato, straziato due anni, quell'Adriano Meis, condannato a essere un vile, un bugiardo, un miserabile; quell'Adriano Meis dovevo uccidere, che essendo, com'era, un nome falso, avrebbe dovuto aver pure di stoppa il cervello, di cartapesta il cuore, di gomma le vene, nelle quali un po' d'acqua tinta avrebbe dovuto scorrere, invece di sangue: allora sì! Via, dunque, giù, giù, tristo fantoccio odioso! Annegato là, come Mattia Pascal! Una volta per uno! Quell'ombra di vita, sorta da una menzogna macabra, si sarebbe chiusa degnamente, così, con una menzogna macabra! (Ibid., 231).

Die Überschwänglichkeit Mattias konzentriert sich auf den bewussten Abschluss seiner Suche. Er löscht die Identität des Adriano Meis auf gleiche Weise aus, wie es Mattia Pascal erfahren musste und er erklärt ihn für tot. Der fanatische Bewegungstrieb kulminiert in der Bejahung der Identität Mattia Pascals unter gleichzeitiger Verneinung der des Adriano Meis. "Ma sì! ma sì! Io non dovevo uccider me, un morto, io dovevo uccidere quella folle" (ivi). Das Ende des Adriano Meis ist das Ende aller fanatischer Dynamik. Mattia setzt den Wahnsinn mit seiner fiktiven Identitätssuche gleich, um sich davon gezielt zu distanzieren. Im synchronen Aufbau der beiden Teilsätze steht das Personalpronomen me syntaktisch, folglich in semantischer Abgrenzung, der umschreibend als wahnsinnig gekennzeichneten Erfindung Adrianos (quella folle) spiegelnd gegenüber.

Die konträren Handlungsdimensionen fanatischen Rauschens zwischen Selbstermunterung und Selbstzerstörung gipfeln in einer erkennenden Einsicht des rauschhaften Triebes und einem grundsätzlichen Verständnis für den eigenen Fanatismus in seiner Wirkungsdimension des Ausbrechens.

3. Identität in der Krise? Das Erfahrungspotential des Fanatismus

Io, io, Mattia Pascal! Sono io! Non sono morto! Eccomi qua'. [...] Folle! Come mi ero illuso che potesse vivere un tronco reciso dalle sue radici? (Pirandello 1993, 232s.)

Selbstsicher und in voller Überzeugung seiner Identität begibt sich Mattia Pascal auf den Weg zurück in das familiäre Umfeld seines Heimatdorfes. Er hat sein Handeln eigenmächtiger Identitätsstiftung als Verrücktheit erkannt und versucht, seinen Fehltritt nun zu revidieren. Indem er zurückkehrt und sich den Widrigkeiten der Existenz Mattia Pascals stellt, schafft er einen sein fanatisches Rauschen stabilisierenden Handlungsausgleich: die Klärung seiner Verhältnisse.

Auch wenn eine Auflösung der Verwicklungen zu seinen Gunsten aufgrund der mittlerweile eingetretenen Ereignisse unmöglich und aussichtslos bleibt, führt sein Schritt zu einer Gewissheit und Klarheit.

Die Einsicht in den persönlichen Rausch des Fanatischen offenbart sich als Schlüssel zu einer insgesamt gestärkten Identität Mattias, der sich nun nach außen offen als il fu Mattia Pascal bekennt. Beim Anblick des Grabsteins, der seinen Namen trägt, realisiert er die Spuren seines maßlosen Handelns, die Konsequenz einer ungenauen Identität, da er nicht wirklich in den Rahmen des Gesetzes einer standardisierten Lebensführung zurückgekehrt ist. Zugleich kristallisiert sich daraus jedoch ein klares Identitätsbild des Mattia Pascal selig. Diese erneute Selbstdefinition bildet den Ausgleich der beiden erprobten Identitäten – des Mattia Pascal und des Adriano Meis – und beschreibt den Höhepunkt aller zugrundeliegenden hyperbolischen Handlungstendenzen. Er wäre als zusammenführender Scheitelpunkt zu bezeichnen, würde erneut die Verlaufskurve der Hyperbel und ihre beiden ins Extreme verlaufenden Achsen zur funktionalen Erklärung jener beiden entscheidenden Prägungen Mattias herangezogen.

 

Abb. 2. Hyperbel f(x)= 1/x mit Scheitelpunkt

 

Der Scheitelpunkt der Verlaufskurve (s.Abb. 2) würde aufgrund seiner die ins Unendliche laufenden Äste symmetrisch ausgleichenden Positionierung beispielhaft einen zentrierten Ruhepunkt markieren. Die multiple Selbsterfahrung zeigt sich ausgehend von den fanatischen Dynamiken für ihn als ein integrativer und zusammenführender Moment des Verstehens und Nachvollziehens eigener Krisen.

Im Roman Il fu Mattia Pascal thematisiert Luigi Pirandello beispielhaft den Rausch des Fanatischen als durchgängige Dynamik individueller Identitätsstiftung zwischen Gefährdung und Stabilisierung. Sowohl die Herausforderung durch die Bewegungskräfte der Übertreibung, als auch die Prüfung durch einen zu erkennenden Ausgleich dieser Energien beweisen sich im Fall des Mattia Pascal als wichtiges Erfahrungspotential und Bestandteil seiner Identitätsfindung. Dem Fanatismus liegt eine Dynamik zugrunde, die für das Verständnis der Krise des Subjekts angesichts seiner multiplen Selbsterfahrung nicht zu unterschätzen ist.

 

Zitierhinweis:

Schulz, Karin (2017), "Der Rausch des Fanatischen oder die Erprobung von Identität in Luigi Pirandellos Il fu Mattia Pascal." In lettere aperte vol. 4, 41-54 [online https://www.lettereaperte.net/artikel/ausgabe-42017/307].

 

Literaturverzeichnis

Behrens, Rudolf (1994), "Metaphern des Ich. Romaneske Entgrenzungen des Subjekts bei D'Annunzio, Svevo und Pirandello." In Die literarische Moderne in Europa, Vol.1, Erscheinungsformen literarischer Prosa um die Jahrhundertwende, ed. Hans Joachim Piechotta/Ralph-Rainer Wuthenow/Sabine Rothemann, Opladen: Westdeutscher Verlag, 334-356.

Klinkert, Thomas (2006), "Identitätskonstruktionen und ihre interkulturelle Dimension bei Pirandello." In Zentrum und Peripherie: Pirandello zwischen Sizilien, Italien und Europa, ed. Thomas Klinkert/Michael Rössner, Berlin: Erich Schmidt, 19-44.

Pirandello, Luigi (1993), Il fu Mattia Pascal, ed. Marziano Guglielminetti, Mailand: Arnoldo Mondadori Editori.

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Bildnachweis: Umberto Boccioni (1915): Carica di lancieri, Public Domain